Haus Dreßler
Auftraggeber: Eheleute Dreßler
Bauort: Gelnhausen
Fertigstellung: 2014
Projektdaten: NGF 234 m2, BGF 310 m2, BRI 1243 m3, WF 176 m2
Der Bauort liegt nördlich der historischen Stadtmauer der Barbarossastadt Gelnhausen und in unmittelbarer Sichtweite des imposanten Holztores. Das Grundstück liegt an der Holzgasse und wird straßenseitig von einer Sandstein- mauer begleitet. Die Holzgasse diente im Mittelalter als Transportader für Bauholz. Das Bauholz wurde vom höher gelegenen Stadtforst hinab über die Holzgasse durch das Holztor direkt ins Herz der wachsenden und florierenden Stadt geschafft.
Das zur Innenentwicklung zu Bauland umgewidmete Gelände der ehemaligen städtischen Gärtnerei fällt in Richtung Süden ab, und erlaubt einen herrlichen Blick auf die mittelalterliche Stadtsilhouette. Das Gelände wurde in vier Baugrundstücke geteilt. Die Erschließung erfolgt über einen auf der Nordseite angeordneten Anliegerweg, der parallel zu einer Sandsteinstützwand der oberen Parzellen verläuft.
Der vorgefundene Geländesprung von einem halben Geschoss wurde im Gebäudekonzept als Splittlevel aufgenommen. Das Bauvolumen wurde in zwei schmale Langhäuser und einem Verbindungsbau aufgelöst, so dass sich als Grundrissstruktur ein H ergibt. Die Langhäuser nehmen die Breite der historischen Nachbarhäuser am Schützengraben auf. Die aus der H-Form resultierenden Zwischenräume bilden auf der Nordseite einen geschützten Eingangsbereich und auf der zur Altstadt zugewandten Südseite einen heimeligen und sonnigen Außensitzplatz.
Damit die Baukörperstruktur die Linearität und Stringenz eines Strangpressprofils verliert, wurden die Langhäuser in ihrer Längsachse leicht gestaucht. Durch diese Stauchung öffnen sich die zuvor beschriebenen Zwischenräume trichterförmig nach außen und gewinnen an Aufenthaltsqualität hinzu. Die aus der Geometrie des Grundstücks hergeleitete Maßnahme kann man auch als eine Reminiszenz an die umliegende verwinkelte Altstadtstruktur begreifen. Der Baukörper verkrallt sich nun regelrecht mit dem Bauort.
Das westlich gelegene Langhaus nimmt im nördlichen Teil die Eingangszone mit WC, Garderobe, Garagenzugang und die Treppenanlage auf. Der Verbindungsbau bildet eine über zwei Geschosse ragende Halle, welche im OG von einer Brücke durchkreuzt wird. Die Brücke verbindet das Obergeschoss des östlich gelegenen Langhauses mit der Treppenanlage und bietet den Raum für eine kuschelige Sofalandschaft mit Blick auf das Holztor und die Altstadt.
Die Fassade des Verbindungsbaus wurde im Eingangsbereich mit einer lotrechten, naturbelassenen und auf Spalt montierten Lärchenholzschalung verkleidet. Auf der Südseite wiederum öffnet sich die Fassade mit einer großzügigen Glasfassade. Für den sommerlichen Wärmeschutz erhielt diese einen außenliegenden Sonnenschutz. Da die Langhäuser mit einer Boden-Deckel Schalung aus heimischem Lärchenholz bekleidet sind, können sich die beiden Langhäuser durch den Wechsel in der Fassadenbekleidung in Gänze separiert darstellen.
Die vorgefundene parallel zur Holzgasse verlaufende Sandsteinmauer wurde am nördlichen Ende auf den Konturen der Grundstücksgrenze mit recyceltem Steinmaterial verlängert und gibt dem Einfahrtsbereich des Anliegerwegs ein adäquates Entrée. Im Eingangsbereich macht die fortgeführte Mauer hinter dem ersten Giebel einen Knick in Richtung des Hauses und trennt so den privat zugänglichen Teil von dem öffentlichen Teil.
Die Satteldächer der Langhäuser wurden mit einer ortstypischen naturroten Biberschwanzdeckung eingedeckt. Die sehr kleinteilige Dacheindeckung ermöglichte, hinsichtlich des etwas verwinkelten Daches, eine homogene
Dachfläche ganz ohne abzeichnende Grate und Kehlen.
Bei der Wahl der Baumaterialien stand in erster Linie das Thema Nachhaltigkeit und das ressourcenschonende Bauen im Vordergrund. Zusätzlich wurde auf die regionale Beschaffbarkeit der Materialien Wert gelegen. Die Wahl, Holz als primäres Baumaterial zu verwenden und die Holzgasse dadurch wieder ihrer historischen Nutzung zurückzuführen versprühte einen gewissen Zauber. Die Gebäudeteile wurden in Holzrahmenbauweise erstellt. Obwohl die Vorfertigung bedingt durch die in der Höhe und Breite beengten Zufahrten in den max. Abmessungen der Elemente eingeschränkt war, gelang es trotzdem das gesetzte Kostenbudget einzuhalten. Die Hohlräume in der Wand- und Dachkonstruktion wurden mit Holzfaserdämmung ausgeblasen und die Innenverkleidung der Holzstruktur erfolgte mit Lehmbauplatten. Selbst die Beschichtung und der Anstrich der Innenwände wurden auf Lehmbasis erstellt.
Die Holzbalkendecken erhielten zur Vorspannung einen schwimmenden Fußbodenaufbau mit einem Heizzementestrich. Die Aufenthaltsräume wurden mit einem Dielenboden aus heimischer Roteiche belegt. Nur im Bereich der Halle und dem Eingang wurde ein hellgrauer mineralischer Sichtestrich eingebracht.
Das Energiekonzept umfasst eine Wärmepumpe und eine kontrollierte Wohraumlüftung mit Wärmerückgewinnung. Die in Richtung Süden gerichtete Glasfassade des Verbindungsbaus ermöglicht zusätzlich schon in den Übergangszeiten spürbare solare Gewinne.
Die Vorliebe der Bauherren für Farben spiegelt sich im kräftigen Farbkonzept der Innenraumgestaltung wieder. Das Farbkonzept wurde von Frau Dreßler selbst erarbeitet und verleiht dem Eingangsbereich mit der angrenzenden Treppenanlage einen unverwechselbaren, lebendigen und einladenden Fixpunkt.
Da das Vorhaben der Altstadtsatzung der Stadt Gelnhausen unterlag, musste die Planung in enger Abstimmung mit der zuständigen Behörde erfolgen. Diese Abstimmung war für den Planungsprozess rückblickend gesehen, trotz einiger Konflikte, sehr fruchtbar gewesen. Die unverhoffte Anerkennung von Seiten der Stadt, durch eine Aufnahme des Projekts als vorbildliches Beispiel in der Imagebroschüre zur erfolgten Altstadtsanierung erfreut daher alle sehr.